Hypertext Reference (HREF) Links sind die einfachste
und häufigste Form der Querverweisungen im WWW. Ein Link besteht meist
aus einem Text, der sich in der Farbe vom restlichen Text abhebt und zusätzlich
unterstrichen ist. Er dient meist ähnlichen Zwecken wie Fußnoten
und gibt nähere Informationen zu dem unterstrichenen (“gelinkten”)
Text wieder. Als Anwender muß man aber nicht nach den zusätzlichen
Informationen suchen, sondern ein Mausklick genügt und man befindet
sich auf der “gelinkten” Homepage, wobei die linkende Homepage
normalerweise verlassen wird.
Die augenscheinlichste Frage ist: ”Darf man das?”
Kann sich der Hersteller der “gelinkten” Seite dagegen wehren?
Dabei hilft es, die Geschichte des WWW und dessen Erfolgsrezept
zu beleuchten. Der Erfinder des WWW, Tim Berners-Lee [1038],
erarbeitete während der 80er Jahre ein Konzept [1039],
mittels dem die direkte Verknüpfung von Dokumenten möglich sein
sollte. [1040]
Zu Beginn der 90er Jahre wurde begonnen, dieses Konzept in die Wirklichkeit
umzusetzen. Im Februar 1993 kam der erste WWW-Browser auf den Markt. Er
zeichnete sich durch einfachste Bedienbarkeit und vor allem der Umsetzung
des Konzepts von Berners-Lee aus, nämlich der direkten Zugriffsmöglichkeit
auf alle Dokumente, die auf WWW-Servern abgelegt wurden. Der große
Unterschied zu früheren Internetanwendungen wie Gopher bestand darin,
daß nicht erst die gesamte Baumstruktur des Servers durchlaufen werden
mußte, sondern jedes abgelegte Dokument eine eigene Netzadresse hatte
und so direkt aufgerufen werden konnte. Dies ermöglichte auch dem absoluten
Internetlaien das einfache Abrufen von Dokumenten mittels eines Mausklicks.
Dies war anfangs sicher das Erfolgsgeheimnis des WWW,
umsomehr da sich die damaligen WWW-Seiten durch einfachsten Aufbau und hauptsächlich
Textinhalte auszeichnete. Die Überflutung mit Grafik- und Werbeelementen
in kommerziellen Homepages begann erst ab 1995. Das “Benehmen”
am WWW regelte damals ein freiwilliger Verhaltenskodex, auch “Netiquette”
[1041] genannt.
Dieser enthält zwar keine Regeln über das “Linken”,
es wurde aber allgemein begrüßt, wenn Links auf die eigene WWW-Seite
gesetzt wurden. Die Inhalte, die sich zu dieser Zeit am WWW befanden, waren
ja meist wissenschaftlicher Art oder trugen zur Unterhaltung bei. Wenn ein
Link auf die eigene Seite gesetzt wurde, trägt dies schließlich
zur weiteren Bekanntmachung des eigenen Webangebots bei, und die Information
des Webangebotes ist ja für die Öffentlichkeit bestimmt. Wenn
dies nicht der Fall wäre, gäbe es ja keinen Grund am WWW zu veröffentlichen,
sondern man kann seine Information ja lokal auf der Festplatte behalten.
Es wurde also quasi eine konkludente Einwilligung mit dem Inhalt vorausgesetzt,
daß das “Linken” auf eigene Seiten erlaubt, ja geradezu
erwünscht war.
Dies änderte sich erst, als anfangs die Computer-,
später auch andere Unternehmen, die Möglichkeiten und Wachstumschancen
des Internets erkannten. Seitdem wurde die Bedeutung der “Netiquette”
in den Hintergrund gedrängt und die Klage bei Gericht über Streitigkeiten
am Internet wurde “modern”.
Einer der ersten Fälle im deutschen Sprachraum
zum Recht der Links ist der Fall Marquardt. Die Ex-Vize-PDS-Parteivorsitzende
Angela Marquardt hatte auf ihrer Homepage zusammen mit einer distanzierenden
Erklärung einen Link auf das Webangebot der Zeitschrift “radikal"
gesetzt. Darin wurde unter anderem eine Anleitung zur Sabotage von Atommülltransporten
veröffentlicht. Der Online-Dienst CompuServe hatte darauf ihre Homepage
gelöscht, doch ein englischer Provider gewährte ihr ein neues
virtuelles Heim. Anfang 1997 erhob die Berliner Staatsanwaltschaft Anklage
[1042] wegen
Beihilfe zu einer strafbaren Handlung, nachdem ihr die Generalbundestaatsanwaltschaft
den Fall übertragen hatte. [1043]
Der vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten verhandelte
Fall ist mit einem Freispruch beendet worden. Aber mit diesem Urteil [1044]
im ersten deutschen Hyperlink-Verfahren wurde zur möglichen Strafbarkeit
von Hyperlinks nichts gesagt. Es war vielmehr die vor Gericht nicht bewiesene
Kenntnis Frau Marquardts von den in der Anklage genannten verbotenen Texten,
die den Freispruch zugunsten der Angeklagten begründeten. [1045]
In dem Urteil bleiben viele Fragen offen: Ist der Inhaber
einer Webseite, die einen Link auf eine andere Webseite beinhaltet, für
rechtsverletzendes Material auf der anderen Seite verantwortlich? Gibt es
eine Verpflichtung, die gelinkte Seite auf etwaige Rechtsverletzungen zu
prüfen? Welche Standards sollen bei solch einer Überprüfung
angelegt werden? [1046]
Wie ist die Rechtmäßigkeit des Links zu beurteilen, nachdem sich
der Inhalt der gelinkten und geprüften Seite nach einer Zeit ändert?
Nach Ansicht des Autors ist das Setzen eines Hyperlinks
grundsätzlich nicht rechtswidrig und auch nicht als Beihilfe zu einer
strafbaren Handlung zu verstehen. Ein Hyperlink ist vielmehr mit einer elektronischen
Fußnote zu vergleichen, da bei Betätigen des Links die linkende
Seite verlassen wird und nur noch die gelinkte Seite sichtbar ist. Dieses
Verlassen der linkende Seite ist wichtig. Wenn nämlich nur ein Teil
des Bildschirms (Frame, siehe unter 8.3
Frames) die gelinkte Information
darstellt, der andere Teil der ursprünglichen Seite aber gleichbleibt,
könnte man annehmen, der Gestalter der ursprünglichen Seite stellt
die Information selbst zur Verfügung oder identifiziert sich zumindest
damit. Da sich aber bei Betätigung eines normalen Hyperlinks auch die
Internetadresse im Anzeigefenster des Browsers ändert, ist für
jeden Benutzer ersichtlich, daß es sich um ein neues, anderes Angebot
handelt. Nur der direkte Gestalter des Angebots ist für die von ihm
zur Verfügung gestellten Informationen verantwortlich. Wenn dies nicht
so wäre, würde sich jeder Suchmaschinen-Betreiber, der Links zu
eventuell strafbaren Inhalten wie “radikal” aufnimmt, strafbar
machen. Aber nicht nur die Suchmaschinenbetreiber wären betroffen.
Denn wenn der Link von der Seite von Marquardt zu “radikal”
strafbar wäre, wäre auch ein Link von der Homepage der PDS auf
Marquardts Seite strafbar. Weiters würde sich dann der Webmaster des
deutschen Bundestags strafbar machen, da von dort auch ein Link zur PDS-Homepage
führt. Wenn die Seite des Bundestags wegen der Aufnahme eins Links
strafbar wäre, wäre jeder Seite, die auf die Seite des Bundestags
linkt, unzulässig. Jeder Inhaber einer WWW-Seite würde sich mittelbar
strafbar machen und die gesamte Nutzung des WWW müßte in dem
Land, in dem Links verboten sind, eingestellt werden. Nicht nur wegen der
wirtschaftlichen Bedeutung wäre dies unzumutbar. Es kann auch dem Betreibern
von Homepages nicht zugemutet werden, ständig den Inhalt aller von
ihnen gelinkten Seiten, der sich ja stündlich und ohne Wissen des Betreibers
der linkenden Homepage ändern kann, zu überprüfen. Dies erkennt
auch das Amtsgericht Berlin-Tiergarten im Fall “Marquardt/radikal”
[1047]:
“Wollte man daneben für eine Strafbarkeit unter dem Gesichtspunkt
der Inhärenz [1048]
an das Unterlassen einer regelmäßigen Überprüfung des
eigenen Links anknüpfen, würde sich zunächst die Frage stellen,
in welchen Zeitabständen eine solche Überprüfung zu fordern
wäre, was zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führte.”
Das bedeutet aber nicht, daß das Setzen eines
Links nie strafbar ist. Es ist auf den Zusammenhang, in dem der Link verwendet
wird, abzustellen. Als Beispiel seien strafbare Handlungen gegen die Ehre
angeführt: “Diese Person (wobei das Wort “Person”
einen Link auf eine private Homepage beinhaltet) lügt, belästigt
meine Frau mit unsittlichen Anrufen, hat mein Haustier vergiftet und ist
ein vorbestrafter Verbrecher.” Gerade durch den Link wird die allgemeine
Aussage zu einer individualisierbaren Beleidigung. Diesbezüglich ist
in Deutschland auch bereits ein Urteil [1049]
des Landgerichts Hamburg ergangen, das aber von einem anderen Sachverhalt
ausgeht, da die beleidigende Äußerung nicht durch den Link erfolgte,
sondern in der gelinkten Seite. Das, nach Ansicht des Autors verfehlte Urteil
stellt fest, daß der Beklagte dadurch, daß er einen sog. Link
auf eine bestimmte, fremde Webpage in seiner Homepage aufgenommen hat, die
auf der fremden Homepage gemachten ehrverletzenden sowie beleidigenden Tatsachenbehauptungen
als auch Meinungsäußerungen zu seinen eigenen macht. Genau dieses
zueigen machen findet aber nach Ansicht des Autors durch einen bloßen
Hyperlink nicht statt. Der Hyperlink ist im Gegensatz zu Frames oder Inlinelinks
vielmehr der Verweis zu einem fremden Inhalt ähnlich einer Fußnote.
Der Beklagte, der schon vor Prozeßbeginn eine Unterlassungerklärung
abgegeben und den Link gelöscht hatte [1050],
wurde zu einer Schadenersatzzahlung von 40.000 DM verurteilt.
Falls das WWW zu Zwecken des Wettbewerbs genutzt wird,
kann auch ein einfacher Link zu Ansprüchen nach dem UWG führen.
Als Beispiel sei ein Link zu einem Konkurrenten mit dem Text “Klicken
Sie hier, um unsere Produkte zu sehen” genannt. Nach brennender wird
dieses Problem bei “Frames” (siehe eben da).
Je mehr Links zu fremden Angeboten gesetzt werden,
je dichter dieses weltweite Netz durch Links geknüpft wird, desto mehr
direkte Zugangsmöglichkeiten gibt es zu Inhalten, für die der
Urheber eine direkte Zugangsmöglichkeit nicht geplant oder gewollt
hat. So werden dem Besucher vor der eigentlich gewünschten Information
manchmal noch Werbungen, Erklärungen, Urheberrechtsvermerke oder Benutzerbedingungen
präsentiert. Diese legitimen Interessen des Urhebers werden durch Links
von fremden Seiten auf die eigentliche Information konterkariert. Andererseits
führt diese Art von spezifischen Links, auch “deep links”
genannt, zu einer besseren Qualität der Links. So ist der Benutzer
eines kommentierten Links daran interessiert, exakt zu der beschriebenen
Information zu gelangen und nicht erst von der Startseite aus mühsam
nach der beschriebenen Seite im manchmal sehr großen Angebot suchen
zu müssen. Wenn der Informationsanbieter kein Interesse an diesen tiefergehenden
Links hat, bieten sich technische Lösungen an, die solch Zugriffe verhindern.
[1051]
Außerdem sollte darauf geachtet werden, daß
Link sammlungen auch dem Urheberrecht als eigene geistige Schöpfung
unterfallen können. Jeder, der selbst schon solche Seiten erstellt
hat weiß, daß es einer gewissen geistigen Anstrengung bedarf,
Links auszuwählen, zu kommentieren , zu aktualisieren und in ein für
den Besucher attraktives und übersichtliches System zu bringen. Gut
gepflegte Linkseiten können deshalb unter den urheberrechtlichen Schutz
der Sammelwerke fallen. Nichts desto weniger trifft man hin und wieder auf
identische Linksammlungen, die potentielle Urheberrechtsverletzungen sehr
wahrscheinlich erscheinen lassen. Der OGH hat in seiner Entscheidung “Stichwörterverzeichnis”
[1052] einem
Stichwörterverzeichnis einer Gesetzesausgabe in seiner Gesamtheit urheberrechtlichen
Schutz zuerkannt. Aus der Begründung des OGH: Die Anlegung eines solchen
Sachregisters beschränkt sich nicht auf eine routinemäßige,
juristisch-handwerkliche Tätigkeit, sondern erfordert die genaue Kenntnis
und die gedankliche Durchdringung des gesamten Inhaltes der Gesetzesvorschriften
und vor allem auch der ihnen zugeordneten Anmerkungen. sie ist in Wahrheit
eine mühsame und viel Sorgfalt erfordernde Fortsetzung der der Verfassund
der Anmerkungen zugrunde liegenden Tätigkeit.
Auch die Anwendung der neuen Bestimmungen des Abschnittes
VIb im UrhG über den Schutz von Datenbanken sind in Erwägung
zu ziehen. So wurde z.B. auf der Homepage des Orac-Verlages eine Datenbank
mit Links zu juristischen Angeboten im Internet eingerichtet. Jeder Interessierte
kann dort die gesamte Datenbank gratis durchsuchen und die Suche zusätzlich
nach den verschiedensten Kriterien einschränken.
Da die meisten neuen Dienstleistungen ausgehend von
einer elektronischen Datenbank vermittelt werden, stellt die Datenbankrichtlinie
[1053] einen
Grundpfeiler des europäischen Schutzes von geistigen Eigentum unter
den Bedingungen der neuen Technologien dar. Zur Frage einer Erschöpfung
des Schutzrechts der Datenbank stellt der Erwägungsgrund 33 der RL
klar, daß sich bei Online-Datenbanken sich diese Frage nicht stellt,
da sie in den Dienstleistungsbereich fallen. Dies gelte auch in Bezug auf
ein physisches Vervielfältigungsstück einer solchen Datenbank,
das mit Zustimmung des Rechtsinhabers hergestellt wurde. Anders als im Fall
der CD-ROM, bei der das geistige Eigentum an ein physisches Trägermedium
gebunden ist, stellt jede Online-Leistung nämlich eine Handlung dar,
die, sofern das Urheberrecht dies vorsieht, genehmigungspflichtig ist. [1054]
In Umsetzung der Datenbankrichtlinie ist am 1.1.1998
eine Novelle zum Urheberrechtsgesetz [1055]
in Kraft getreten. Wie schon im Abschnitt 3.3.6.2
erwähnt, werden einerseits Datenbankwerke als als Sammelwerke (§
6 UrhG) urheberrechtlich geschützt, wenn sie infolge der Auswahl oder
Anordnung des Stoffes eine eigentümliche geistige Schöpfung sind
[1056],
andererseits genießen Datenbank den Schutz nach Abschnitt IIa (§
76c ff UrhG), wenn für die Beschaffung, Überprüfung oder
Darstellung ihres Inhalts eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition
erforderlich war. [1057]
Für den Inhaber der Urheberrechte [1058]
von Datenbankwerken gelten die im UrhG aufgezählten Verwertungsrechte,
nämlich die Kontrolle über Vervielfältigung, Verbreitung,
Vermietung und Verleihung, Ausstellung, Sendung und Vorführung. [1059]
Dem Inhaber des Sui-generis-Schutzrechtes von Datenbanken
steht das Recht zu, die ganze Datenbank oder wesentliche Teile derselben
zu vervielfältigen, zu bearbeiten, durch Rundfunk zu senden oder öffentlich
wiederzugeben (§ 76d UrhG). [1060]
Das Urheberrecht an einem Datenbankwerk und das Schutzrecht an einer Datenbank
sind voneinander völlig unabhängig. [1061]
Bezüglich des Schutzes von Linksammlungen ist
vordergründig darauf abzustellen, ob die Linkliste in Form eines einzigen
HTML-Dokuments vorliegt oder ob die Webseite ein Suchergebnises aus einer
Datenbank darstellt. Im Fall eines einzigen, wenn auch sehr umfangreichen
Dokuments liegt keine Datenbank vor, da § 40f Abs. 1 Datenbanken als
Sammlungen von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen definiert,
die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit elektronischen
Mitteln oder auf andere Weise zugänglich sind. Trotzdem kann
die HTML-Seite als Sammelwerk (§ 6 UrhG) urheberrechtlich geschützt
sein.
Wenn die Linkliste aus einem Datenbankwerk generiert
wird, ist es untersagt, die Struktur und Gestaltung der Datenbank, als jene
Elemente, in denen der kreative Beitrag wirksam wird, auszunutzen. Liegt
nur eine nach dem Sui-generis-Recht geschützte Datenbank vor, ist die
Entnahme, dh die Übertragung der Gesamtheit oder wesentlicher Teile
der Datenbank, und die Weiterverwendung, worunter jede Art der öffentlichen
Verfügbarmachung verstanden wird, verboten.